Exzerptmarterln

Serie, 1980

(…) Bei den sogenannten Exzerptmarterln aus dem Jahr 1980 ist das Blatt Papier zugleich Zeichengrund und Schreibfläche. Abermals wird evident, dass Steiger nicht nur ein zeichnender Schreiber, sondern auch ein lesender Zeichner war. In fast manischer Manier transkribierte oder exzerpierte er Gelesenes, trug aus unterschiedlichen Wissensgebieten Informationssplitter zusammen, die durch ihre akribische und genaue Übertragung Ordnung und Logik suggerieren. (…) Die Schrift als semantischer Bedeutungsträger schlägt um und lässt den Text inhaltlich zwischen einem Gerade-Noch und einem Nicht-Mehr oszillierend zurück. Mag auch hier und dort ein Gedanke aufblitzen oder ein Tier seinen Blick aus dem Dickicht heben, so scheinen die Rezeption distinkter Zeichen und die Erkenntnis von Sinnzusammenhängen allein dem Autor vorbehalten. Jedem anderen geraten Steigers Exzerpte zur Marter – oder zum sinnfreien Vergnügen jenseits einer eindeutigen Lesart.(…)

Hans-Peter Wipplinger in: a picture is a voiceless poem.  Spielarten der Zeichnung im Werk Dominik Steigers, in: Katalog zur Ausstellung DOMINIK STEIGER RETROSPEKTIVE, Kunsthalle Krems, 2014, Hrsg. Hans-Peter Wipplinger, Konzept Suse Längle und Hans-Peter Wipplinger, Verlag d. Buchhandlung Walter König, 2014, S.90